Nährstoffe wie z.B. Nitrat oder Phosphat stammen zum überwiegenden Teil aus menschlichen Aktivitäten, wie z.B. der Landwirtschaft, Industrie und Haushalten (graue Elemente). Aquatische Primärproduzenten (insb. Algen, Wasserpflanzen, "blaue" Elemente) wandeln diese Nährstoffe zu aquatischer Biomasse um, binden dabei das Treibhausgas Kohlenstoffdioxid und entlasten damit die Umwelt. Dies geschieht sowohl in der freien Natur (z.B. wildwachsende Algen, Schilf und Treibsel), als auch unter menschlicher Obhut (z.B. Aquakultur von Mikro- und Makroalgen, integrierte aquaponische Systeme, usw.). Außerdem liefern die Binnen- und Küstengewässer Norddeutschlands aquatische Biomasse in Form von Fischen, Muscheln und anderen Meeresorganismen (blaue Elemente), die wir Menschen nur allzu gerne essen. Eine weitere wichtige Quelle von hochwertigem Fisch und Seafood-Spezialitäten (z.B. Garnelen) sind Aquakulturen, d.h. Fischzuchtbetriebe von Land oder auf dem Wasser (blaue Elemente). Sie produzieren hochwertige tierische Proteine für den menschlichen Verzehr bei gleichzeitig geringem ökologischen Fußabdruck. Bei der Verarbeitung von Fischen, Muscheln und Co. fallen aber auch immer Reststoffe und Seitenströme an, die ihren Weg in die aquatische Kreislaufwirtschaft finden. Zusammen mit den pflanzlichen Biomassen gelangen diese Rohstoffe in Bioraffinerien (grünes Element). Das sind spezialisierte Verarbeitungs- und Veredelungsbetriebe in denen aus den Rohstoffen neue Wert- und Wirkstoffe hergestellt werden. Dies erfolgt durch verschiedene Verfahren der Extraktion, Trocknung, Fermentierung oder anderweitige Biokonversion. Dadurch wird aus einem geringwertigen Rohstoff ein hochwertiger Wertstoff generiert, der nun mit Wertsteigerung in die aquatische Kreislaufwirtschaft eingespeist werden kann. Nutznießer und Kunden dieser Wertstoffe sind vor allem die Industrie (z.B. grüne Chemikalien, Werkstoffe für technische Anwendungen), Haushalte (z.B. neuartige Lebensmittel, Kosmetika und Gebrauchsgegenstände) und die Landwirtschaft (z.B. Algenbasierte Bodenverbesserer, Futtermittel und funktionelle Hilfsstoffe auf Basis mariner Rohstoffe). Damit schließt sich der Kreis der aquatischen Kreislaufwirtschaft.
Viele der hier beschriebenen Prozesse, z.B. in der Bioraffinerie, erfordern den Einsatz von Energie, z.B. Strom und Wärme. Hier ist vor allem der Einsatz von regional erzeugten erneuerbaren Energieformen, z.B. Windkraft und Photovoltaik, aber auch industrielle Abwärme und Geothermie gefragt. Ansiedlung von Bioraffinerien ist deswegen vor allem auf solchen Standorten sinnvoll, wo die Wege zu den Quellen der erneuerbaren Energien kurz und die Übertragungsverluste somit gering sind.
Das Konzept der aquatischen Kreislaufwirtschaft ist einfach und wirkt logisch. Um jedoch fundierte Aussagen über die Nachhaltigkeit, Sicherheit und praktische Anwendbarkeit treffen zu können, muss jedes einzelne Element und ihr Zusammenwirken stets kritisch hinterfragt und auf den aktuellsten Stand gebracht werden. Dazu werden in BaMS eigene Querschnittsdienstleistungen und Analyse-Mechanismen verwendet. Sie liefern belastbare Zahlen, Daten und Fakten. Auf dieser Grundlage kann der Wandel zur biobasierten Wirtschaftsweise durch die Blaue Bioökonomie erreicht werden.
Die Mitglieder des Innovationsraum Bioökonomie auf Marinen Standorten haben im Rahmen eines einjährigen Prozesses von Experten-Workshops und fachlicher Auseinandersetzung (2017-2018) eine strategische Forschungs- und Entwicklungsstrategie für die blaue Bioökonomie in Norddeutschland formuliert.
Die Strategie gründet auf den konzeptionellen Annahmen der Querschnitt-Themen nach BaMS:
Produktion, Ernte und Verarbeitung von Mikroalgen, Makroalgen, Halophyten und Wasserpflanzen in land- und wassergestützten Systemen mit dem Ziel der Gewinnung von aquatischer Biomasse.
Extraktion von Mikroalgen, Makroalgen und Wasserpflanzen aus Gewässern mit dem Ziel der Gewinnung von aquatischer Biomasse und der biologischen Sanierung (Bioremediation) von aquatischen Ökosystemen.
Produktion, Ernte und Verarbeitung von aquatischen Invertebraten (wirbellosen Tieren) und aquatischen, heterotrophen Organismen in land- und wassergestützten Systemen mit dem Ziel der Gewinnung von aquatischer Biomasse.
Kopplung der Produktion von aquatischer Biomasse (alle Arten) mit der Aufbereitung von nährstoffhaltigen Prozess- und Abwässern aus Aquakultur, Landwirtschaft und weiteren Branchen und der Nährstoffextraktion aus Gewässern.
Verwertung von aquatischer Biomasse, sowie Reststoffen und Nebenerzeugnissen aus der Verarbeitung von aquatischer Biomasse und Fischverarbeitung, mit dem Ziel der Gewinnung von Pharmazeutika, Kosmetika, Lebensmitteln und Futtermitteln, sowie Rohstoffen für deren Herstellung.
Verwertung von Reststoffen aus Prozessen der Aquakultur (alle Arten), insbesondere Schlämmen, sowie Reststoffen aus der Verwertung von aquatischer Biomasse, zu Zwecken der Energieerzeugung.
Identifizierung, Analyse und Evaluierung neuer Wirk- und Wertstoffe aus Algen mit dem Ziel der Bereitstellung sicherer (i.S.v. GRAS und QPS) und wirtschaftlich attraktiver Ausgangsstoffe für die Erzeugung von Pharmazeutika, Kosmetika, Lebensmitteln und Futtermitteln, sowie Ausgangsstoffen für deren Erzeugung und chemische Synthese.
Integration der Aquakultur von Fisch/Krustentieren mit anderen Komponenten der BamS-Kaskade (siehe Projektbeschreibung), insbesondere der Produktion und Verwertung aquatischer Biomasse und dem Schließen von Nährstoff- und Energiekreisläufen.
Monitoring und Optimierung des Tierwohls, der Leistungsfähigkeit und der Produktqualität in integrierten Aquakulturen.
Nutzbarmachung von regionalen, erneuerbaren Energiequellen in Aquakulturen (alle Arten) und anderen Prozessen der BamS-Kaskade (siehe Projektbeschreibung), sowie deren wirtschaftliche Nutzung nach Auslaufen der EEG-Förderung und/oder dem Betrieb bei fehlender Netzanbindung.
Analyse, Vermeidung und Reduktion der Bioakkumulation von Schadstoffen in Prozessen der BamS-Kaskade (siehe Projektbeschreibung), insbesondere der Erzeugung aquatischer Biomasse und ihrem Einsatz in Prozessketten der Lebens- und Futtermittelerzeugung innerhalb der BamS-Kaskade.
Analyse, Bewertung und Optimierung von Stoffströmen, Energieflüssen und weiteren Komponenten der BamS-Kaskade (siehe Projektbeschreibung), sowie ihrer Integration mit bestehenden und potentiellen Wertschöpfungsketten und Interaktionen mit Umwelt und Gesellschaft.
Holistische Analyse, Bewertung und Kommunikation der ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Nachhaltigkeit und Innovationsfähigkeit der BamS-Kaskade (siehe Projektbeschreibung) und ihrer Produkte und Dienstleistungen.
Querschnittsdienstleistungen zur energetischen Optimierung, Prozessoptimierung, Sicherheit, rechtliche Aspekte, Zulassungsfähigkeit, gesellschaftliche Akzeptanz, Kaskadennutzung und Sektorenkopplung der BamS-Kaskade (siehe Projektbeschreibung).